"Weltoffenheit war und ist für den Erfolg der Schweiz entscheidend"
Der Nationale Forschungsrat des SNF setzte sich an seinem jährlichen Treffen (Séance de Réflexion) mit hochaktuellen Themen auseinander: Nach einem Appell von Ständerat Felix Gutzwiller zur aktiven Unterstützung eines offenen Wissens- und Forschungsplatzes Schweiz standen die Suche nach Exoplaneten und die Gleichstellung in der Forschungsförderung im Fokus.
Die diesjährige Séance de Réflexion im Kursaal Bern startete am ersten Tag mit zwei sehr unterschiedlichen Referaten zu höchst aktuellen Themen. Der renommierte Präventivmediziner und Ständerat Felix Gutzwiller erläuterte zunächst aus seiner Sicht die aktuellen Herausforderungen der Wissenschaftspolitik in der Schweiz, dies insbesondere vor dem Hintergrund der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im vergangenen Februar. Danach verband der mehrfach international ausgezeichnete Astrophysiker Michel Mayor in seinem Referat die zurzeit sehr intensive Suche nach Exoplaneten mit alten philosophischen Fragen der Forschung.
"Die Stimme der Wissenschaft muss mehr Gehör finden"
Der Forschungsplatz Schweiz konnte gemäss Gutzwiller bis heute von guten Rahmenbedingungen profitieren: Rechtssicherheit, verlässliche Finanzierung, Zugang zu den weltweit besten Köpfen, internationale Zusammenarbeit. "Dank dieser Faktoren gehört die Schweiz heute zu den konkurrenzfähigsten und innovativsten Ländern der Welt", betonte der ehemalige Forschungsrat des SNF eingangs seines Referats. Von all den Faktoren sei die Weltoffenheit für den Erfolg des Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz stets entscheidend gewesen: "Diese Offenheit ist heute bedroht und muss verteidigt werden!", hielt er mit Nachdruck fest. Die Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative stelle den Forschungsplatz Schweiz vor grosse Probleme. Die Rekrutierung der weltweit besten Köpfe sei zukünftig ungewiss. "Die Stimme der Wissenschaft und der Forschung muss in der Schweizer Gesellschaft vermehrt Gehör finden", so Gutzwiller. Das verstärkte Engagement der BFI-Institutionen und auch der Forschenden sei sehr wichtig, gerade im Hinblick auf die nächste Herausforderung, die Abstimmung über die Volksinitiative Ecopop von Ende November. Alle müssten mittel- und langfristig den Kampf für einen offenen Wissens- und Forschungsplatz Schweiz aktiv unterstützen.
Auf die Frage aus dem Publikum, wie denn die Wissenschaft ihren Einfluss auf die Politik verstärken könnte, ermunterte er die anwesenden Forschungsrätinnen und -räte mit einem Augenzwinkern, es ihm gleich zu tun: "Wenn Sie nach ihren ersten hundert publizierten Papern sehen, dass es wohl doch nichts mehr wird mit dem Nobel-Preis, dann gehen Sie doch wie ich in die Politik und engagieren sich dort für die Anliegen der Wissenschaft!" Dies sei umso wichtiger, als heute nur wenige Politiker mit engerem Bezug zur Wissenschaft im Parlament sässen: "Ich gehöre dort zu den wenigen, die eine konkretere Ahnung davon haben, was sich hinter dem Wort Life Sciences tatsächlich verbirgt, wenn sie deren Bedeutung für die Schweiz hervorheben."
Michel Mayor: Ein Astrophysiker in den "Nature‘s 10"
Anschliessend beleuchtete der Astrophysiker Michel Mayor seine wissenschaftliche Forschung über extrasolare Planeten. Der renommierte Professor am Department of Astronomy der Universität Genf hat im vergangenen Jahr mit "Kepler 78b" jenen Exoplaneten entdeckt, der von den bisher bekannten in Dichte und Grösse am erdähnlichsten ist, und damit weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Das Wissenschaftsjournal "Nature" zählte ihn weltweit zu den zehn bedeutendsten Wissenschaftlern des Jahres 2013. Bereits 1995 hatten er und sein Mitarbeiter Didier Queloz erstmals einen Planeten entdeckt, der ausserhalb unseres Sonnensystems um einen sonnenähnlichen Stern kreist. Dies hatte gemäss Mayor einen regelrechten Boom in der Planetenforschung ausgelöst: "Seither wurden dank immer leistungsfähigerer Spektrografen über 1800 Exoplanten und über 1100 Planetensysteme entdeckt".
Wie er den Sinn und Zweck seiner Grundlagenforschung der auf direkten Nutzen ausgerichteten Politik erklären könne, wurde Mayor von einem Forschungsrat gefragt. "Die Planetenforschung regt die Menschen zum Träumen an und geht grundlegenden Fragen zur Existenz von Leben nach, auf die schon seit der Antike Antworten gesucht werden." Der Erfolg seiner zahlreichen öffentlichen Vorträge zeige, wie diese Forschung gerade auch die Jungen fasziniere und für die Wissenschaft begeistern könne: "Dies schafft in der ganzen Gesellschaft mehr Unterstützung für die Grundlagenforschung!“ Schliesslich unterstrich Mayor den hohen Nutzen des in diesem Jahr gestarteten Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS: "Dies ist ein sehr gutes Instrument, um die Planetenforschung in der Schweiz zu koordinieren und die enge Zusammenarbeit der Hochschulen in diesem Bereich zu unterstützen."
Konferenz "Gender and Excellence" mit Roundtable
Der zweite Tag der Scéance de Réflexion stand dann ganz im Zeichen der Gleichstellung in der Forschungsförderung. Die international besetzte Konferenz zum Thema "Gender and Excellence" wurde mit einem Referat von Susan Gasser (Direktorin FMI und Professorin an der Universität Basel) eröffnet, der Präsidentin der neuen SNF-Gleichstellungskommission. Es folgten zwei weitere einführende Beiträge von Claartje Vinkenburg (Professorin an der VU Amsterdam) und Priyamvada Natarajan (Professorin an der Yale Universität). Unter dem Vorsitz von Susan Gasser diskutierten die Referentinnen anschliessend das Thema "Gender and Excellence: Challenges in Research Funding" mit Nachwuchsforschenden und dem Präsidenten des Nationalen Forschungsrats, Martin Vetterli. Über die Inhalte und Ergebnisse der Konferenz wird der SNF in einigen Tagen gesondert berichten.