Marie Heim-Vögtlin-Preis 2018: Sara Montagner entlockt den Mastzellen epigenetische Geheimnisse
Epigenetische Veränderungen der DNA sind entscheidend für die normale Funktion der Mastzellen, die bei Immunreaktionen eine wichtige Rolle spielen. Dies zeigt die Forschung der Biologin Sara Montagner. Sie erhält am 29. November 2018 in Bellinzona den diesjährigen Marie Heim-Vögtlin-Preis des SNF.
Mastzellen gehören zu den weissen Blutzellen. Im Immunsystem übernehmen sie wichtige Aufgaben bei der Abwehr von Krankheitserregern, indem sie rasch Stoffe wie Histamin ausschütten. Fehlfunktionen können aber gesundheitliche Probleme verursachen, zum Beispiel wenn die Mastzellen überreagieren und dadurch allergische Symptome entstehen.
Einfluss der Epigenetik nachgewiesen
In den Jahren 2016 und 2017 hat Sara Montagner epigenetische Veränderungen in Mastzellen von Mäusen untersucht. Dabei handelt es sich um Veränderungen in der DNA, ohne dass deren Bausteine neu angeordnet werden. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen konnte Sara Montagner aufzeigen, wie das Fehlen von zwei bestimmten Enzymen (TET2 und DNMT3A) die Epigenetik von Mastzellen verändert. Sie beobachtete, dass ohne diese Enzyme Mastzellen abnormale Funktionen zeigten: gesteigerte Zellvermehrung und übermässige Ausschüttung von Stoffen, die Immunreaktionen auslösen. Ihre Forschung wies also einen grundlegenden Einfluss der Epigenetik auf die Physiologie von Mastzellen nach – und damit auf die Gesundheit.
Unterstützung durch den SNF
Diese Arbeit hat Sara Montagner während ihres Postdoktorats am Institut für Biomedizinische Forschung in Bellinzona ausgeführt – finanziert durch einen Marie Heim-Vögtlin-Beitrag des SNF. Die Unterstützung ermöglichte es ihr, sich sowohl ihrer Familie zu widmen als auch sich als Wissenschaftlerin zu profilieren. Die Resultate der Forschung veröffentlichte sie in zwei Zeitschriften. Seit Mai 2018 forscht Sara Montagner bei Novartis in Basel.
Den Marie Heim-Vögtlin-Preis in der Höhe von 25 000 Schweizer Franken wird sie am 29. November 2018 in Bellinzona erhalten, anlässlich einer Tagung der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie.
Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Familie
Der SNF hat während 25 Jahren Marie Heim-Vögtlin-Beiträge (MHV-Beiträge) an Frauen vergeben, die sich durch hervorragende wissenschaftliche Leistungen auszeichnen und wegen ihrer familiären Situation ihre Forschungstätigkeit reduziert oder aufgegeben haben. Als Finanzierung von bis zu zweijährigen Forschungsprojekten sollten diese Beiträge ihnen die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Familie ermöglichen. Mit dem MHV-Preis würdigt der SNF jedes Jahr die hervorragende wissenschaftliche Arbeit und Karriereentwicklung einer Forscherin, die einen MHV-Beitrag erhalten hat. Im Herbst 2017 hat das neue Förderungsinstrument PRIMA die Marie Heim-Vögtlin-Beiträge abgelöst.
Die Namensgeberin des Preises, Marie Heim-Vögtlin, wurde als erste Schweizerin 1868 zum Studium an der medizinischen Fakultät der Universität Zürich zugelassen. Nachdem sie den Doktortitel erlangt hatte, eröffnete sie eine Praxis für Gynäkologie, die sie auch nach der Geburt zweier Kinder weiterführte. Sie zählt zu den Vorreiterinnen im Kampf um den Zugang der Frauen zur akademischen Bildung.