Forschung zu neuen Hörerlebnissen findet Anklang – bis ins Museum Tinguely in Basel
Ein vom SNF gefördertes Projekt untersucht klangliche Phänomene und Hörkulturen, die mit dem Radio zusammenhängen. Dabei wurde auch ein Algorithmus entwickelt, mit dem sich Radioarchive nach klanglichen Kriterien durchforschen lassen. In der Ausstellung "Radiophonic Spaces" im Basler Museum Tinguely können Fundstücke daraus erkundet werden.
Seit über 100 Jahren ist das Radio auf Sendung. Unter dem Einfluss der Digitalisierung erlebt das Medium einen fundamentalen Wandel. Dieser wirkt sich auch auf Sender wie das Schweizer Radio SRF aus, das sich derzeit neu organisiert. Das vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Forschungsprojekt "Radiophonic Cultures – Sonic environments and archives in hybrid media systems" hat die aktuelle Situation zum Anlass genommen, die Veränderung von Klangumwelten durch das Radio als Kulturtechnik zu untersuchen.
Die Forschenden setzten sich insbesondere mit der Klangkunst im Kontext des Radios auseinander, sowie mit der Frage, welche neuen Möglichkeiten sich im Kontext der Digitalisierung eröffnen. Ein spezielles Augenmerk galt dem Archiv: "Dieses dient der Speicherung, wird jedoch immer häufiger als Produktionsort eingesetzt", erklärt Ute Holl, die Leiterin des Forschungsprojekts am Institut für Medienwissenschaften der Universität Basel. Künstlerinnen und Künstler nutzen die Radioarchive zunehmend, um aus darin gespeichertem Material neue Arbeiten zu kreieren.
Archivdurchsuchung mit Algorithmus
Aus den Untersuchungen im Rahmen von "Radiophonic Cultures" ist auch ein Projekt entstanden, dank dem sich neue Wege der Sortierung von Archivbeständen beschreiten lassen – ein Algorithmus durchsucht es nach klanglichen Kriterien. Fundstücke dieser Vorgehensweise finden sich in der Ausstellung mit dem Titel "Radiophonic Spaces", im Museum Tinguely in Basel. Sie machen sowohl aktuelle als auch historische, sowohl bekannte als auch weniger bekannte Aspekte der Radiokunst erlebbar. "Der Besuch der Ausstellung soll erfahrbar machen, wie sich Unterscheidungen zwischen Radio und Klang, Geräusch und Musik verschoben haben", erläutert Ute Holl.
Andres Pardey, Vizedirektor des Museum Tinguely, verrät: "Dabei wird es mehr zu hören als zu sehen geben". Besucherinnen und Besucher werden mit Kopfhörern und eigens programmierten Smartphones ausgestattet. Während man sich durch die Ausstellungsräume bewegt, werden kurze Ausschnitte aus Werken beispielsweise von Antonin Artaud, John Cage oder Milo Rau aktiviert. Wer mehr zu einem der insgesamt rund 200 Ausschnitte hören oder erfahren möchte, kann die Sendung vor Ort buchen und sich dieser in voller Länge widmen.
Einladung zum Verweilen
"So erhält man die Möglichkeit, spontan auf Gehörtes zu reagieren", führt Pardey aus. Auf diese Weise erleben die Besuchenden ein Radio, das der Realität des Ultrakurzwellenradios FM gleicht: Ein Suchen quer durch alle Sender, bis ein Musikstück, eine Stimme oder eine Tonfolge zum Verweilen einlädt.
Begleitet wird die Ausstellung im Basler Museum Tinguely von einer Ringvorlesung des Seminars für Medienwissenschaften der Universität Basel, in der die tägliche Praxis und theoretische Überlegungen nicht nur präsentiert, sondern auch hinterfragt werden.
Das Projekt "Radiophonic Cultures - Sonic environments and archives in hybrid media systems" wurde durch das Programm Sinergia des SNF finanziert und ist eine Zusammenarbeit der Universität Basel, der Bauhaus-Universität Weimar sowie der Hochschule für Musik der FHNW. Die Ausstellung "Radiophonic Spaces" entstammt einer Kooperation der Universität Basel mit dem Museum Tinguely, der Bauhaus-Universität Weimar und dem Berliner Haus der Kulturen der Welt. Sie dauert noch bis am 27. Januar 2019. Sie dauert im Museum Tinguely noch bis am 27. Januar 2019. Im Haus der Kulturen der Welt findet sie vom 1. November bis am 10. Dezember 2018 statt, in der Universitätsbibliothek Weimar vom 26. Juli bis am 19. September 2019.
Kontakt
Links
- Webseite Radiophonic Cultures
- Download-Bild: (JPEG)Hörkulturen ändern sich: Hier kämpft die argentinische Komponistin Beatriz Ferreyra mit einem Knäuel Tonbänder – ein Chaos, das es im digitalen Hörzeitalter nicht mehr gibt. © Bernard Perrine
- SNF-Projekt: Radiophonic Cultures - Sonic environments and archives in hybrid media systems