Karriereförderung: Die gesamte Leistung der Forschenden zählt

Der SNF hat für seine Karriereförderung die DORA-Empfehlungen übernommen und weitere Kriterien angepasst. So macht er die Auswahl fairer und berücksichtigt unterschiedliche Karrierewege noch besser.

​Wie lässt sich wissenschaftliche Leistung fair messen? Lange Zeit galt als wichtigstes Kriterium: Haben die Forschenden ihre Artikel in Zeitschriften veröffentlicht, die oft zitiert werden? Aber die Zitierungsrate einer Zeitschrift – der Journal Impact Factor – sagt nichts aus über die persönliche Leistung. Deshalb empfiehlt die sogenannte DORA-Deklaration eine umfassendere Bewertung. Der SNF hat die Erklärung 2014 unterzeichnet und setzt sie seither schrittweise um.

Vielzahl qualitativer und quantitativer Kriterien

Per August 2020 hat der SNF nun alle Reglemente seiner Karriereförderung an die DORA-Grundsätze angepasst. Wer ein Gesuch einreicht, soll ab sofort keine Impact-Faktoren angeben. Diese sind für die Evaluation nicht mehr von Bedeutung. Der SNF gewichtet dafür die Qualität des gesamten Forschungsoutputs stärker. Dazu gehören sowohl Publikationen als auch andere Leistungen wie die Zusammenarbeit mit Anspruchsgruppen, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, Datensets, Software, Patente, Konferenzbeiträge und Preise.

Zusätzlich stützt sich die Evaluation auf quantitative Angaben ab, die nicht mit dem Impact-Faktor der Zeitschriften zu tun haben. Zum Beispiel kann es von Bedeutung sein, wie oft ein wissenschaftlicher Artikel zitiert worden ist. Diese Zahl gibt Aufschluss darüber, wie sehr die Gesuchstellenden ihr Forschungsgebiet beeinflussen.

Akademisches Nettoalter für die Evaluation

Eine weitere Änderung in der Evaluation: Neu betrachtet der SNF nicht mehr das akademische Bruttoalter, sondern das akademische Nettoalter. Es umfasst die Zeit, welche die Gesuchstellenden tatsächlich der Forschung widmen konnten, nach Abzug von Unterbrüchen und nicht-wissenschaftlicher Arbeit. Das Nettoalter erlaubt es, die Leistung aller Gesuchstellenden fair zu vergleichen.

Wichtig: Diese Änderung gilt nur für die Evaluation. Für die Berechnung der Frist zwischen Doktorat und Einreichung des Gesuchs bleibt vorläufig das akademische Bruttoalter relevant. Von ihm sind jedoch klar definierte Abzüge möglich, zum Beispiel wegen Mutterschaft, Betreuungspflichten oder wissenschaftlicher Weiterbildung. Bei Mutterschaft zum Beispiel rechnet der SNF 18 Monate pro Geburt an, neu auch dann, wenn die Geburt vor dem Doktorat erfolgt ist.

Mobilität breit verstanden

Bisher mussten Gesuchstellende für eine gewisse Zeit an einer zweiten Hochschule geforscht haben. Diese formale Bedingung gilt nicht mehr. Der SNF hat sie durch eine breitere Definition von akademischer Mobilität ersetzt, womit er der Vielfalt möglicher Karrieren verstärkt Rechnung trägt. Darunter fallen beispielsweise die internationale Zusammenarbeit oder Erfahrungen in der Privatwirtschaft. Für die Instrumente Ambizione, Eccellenza und PRIMA bleibt ein Wechsel der Hochschule jedoch ein wichtiges Kriterium bei der Evaluation. Ein solcher Wechsel und andere Formen von Mobilität sind neu auch während der Beitragsdauer möglich.

Mehr Fairness und Vielfalt

"Mit den Anpassungen setzen wir die DORA-Deklaration um. Wir bewerten jetzt die Leistung der Forschenden nach umfassenden und noch präziseren Kriterien. Zudem flexibilisieren wir die Bedingungen für die Zulassung," sagt Marcel Kullin, Leiter der Abteilung Karriereförderung. "So machen wir die Auswahl fairer und berücksichtigen unterschiedliche Karrierewege noch besser." Damit fördert der SNF die Vielfalt in der Wissenschaft. Und die Schweiz schöpft das Potenzial der jungen Forschenden aus.

DORA-Deklaration

Die DORA-Deklaration (San Francisco Declaration on Research Assessment) empfiehlt eine um-fassende Bewertung wissenschaftlicher Leistung. Publiziert wurde die Erklärung 2012 von der amerikanischen Gesellschaft für Zellbiologie zusammen mit Medienschaffenden und Verlagen. Mittlerweile haben rund 2000 Wissenschaftsorganisationen und mehr als 16'000 Forschende die DORA-Deklaration unterzeichnet.