Fünf innovative Projekte für eine wirksamere und effizientere Gesundheitsversorgung

A doctor operating with a medical service composite structure.
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Im Rahmen der Europäischen Partnerschaft «Transforming Health and Care Systems» unterstützt der SNF Projekte für eine bessere Gesundheitsversorgung. Sie setzen auf modernste Technologien und internationale Zusammenarbeit.

Die Gesundheits- und Pflegesysteme in Europa stehen vor grossen Herausforderungen. Verantwortlich dafür sind der demografische Wandel, die zögerliche Nutzung innovativer Technologien, die Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen sowie politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen wurde im Rahmen der Initiative «Transforming Health and Care Systems» (THCS) im Mai 2023 eine erste internationale Ausschreibung für kollaborative Projekte lanciert.

Unter der Aufsicht eines unabhängigen Evaluationsgremiums wurden 42 Forschungsgesuche geprüft und 28 Projekte für einen Finanzierungsbeitrag ausgewählt. Die wissenschaftlichen Arbeiten haben bereits begonnen.

Sieben Forschende erhalten Beiträge vom SNF

Der SNF unterstützt sieben Forschende an Schweizer Forschungseinrichtungen, die aktiv an fünf Projekten im Rahmen dieses Programms mitwirken:

  • Das Forschungsprojekt «TOGETHER» wird von einer europäischen Forschungsgruppe durchgeführt und in der Schweiz von Prof. Valérie Santschi geleitet, die an der Fachhochschule Westschweiz (HES-SO) forscht. Das Projekt will die Versorgung im Bereich Bluthochdruck verbessern und dazu die Apotheken in die Primärversorgung einbinden. Mit Blutdruck-Screenings in Apotheken und mit dem Konzept des vaskulären Alters will das Projekt Lücken im bisherigen System schliessen und Verbesserungen herbeiführen, insbesondere bei der Screening-Rate, der Sensibilisierung Betroffener, der Therapietreue und der Koordination zwischen den Leistungserbringern.
  • Francesco Puccinelli vom Universitätsspital Lausanne (CHUV) will die Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls verbessern, indem Personen, bei denen eine mechanische Thrombektomie indiziert sein könnte, schneller in einem Katheterlabor versorgt werden. Ziel der Studie ist es, die Wirksamkeit und den Patientennutzen der bereits getroffenen Massnahmen für eine bessere Behandlung von ischämischen Schlaganfällen zu evaluieren. Neben diesem retrospektiven Aspekt sollen neue Ansätze erforscht und evaluiert werden, zum Beispiel die Integration von Telemedizin.
  • Philippe Ryvlin von der Abteilung für klinische Neurowissenschaften des CHUV will die Diagnose und Behandlung von Epilepsie mittels einer innovativen digitalen Lösung verbessern. Derzeit wird die Behandlung von Epilepsie dadurch erschwert, dass Elektroenzephalografie-Daten (EEG-Daten) nur mit grossem Aufwand über einen langen Zeitraum gewonnen werden können. Die Gruppe von Philippe Ryvlin schlägt deshalb einen Telemedizin-Ansatz vor, bei dem die Untersuchungen im Spital durch eine kontinuierliche Überwachung zu Hause ersetzt werden. Bestandteile des Ansatzes sind eine telemedizinische Plattform für die Datenübertragung und Kommunikation, mobile EEG-Überwachungsgeräte sowie eine auf künstlicher Intelligenz basierende EEG-Analysesoftware.
  • Thomas Berger und Tobias Krieger von der Universität Bern nutzen die Technologie der «Augmented Reality» (AR) für die Entwicklung einer App mit dem Namen ZeroOCD. Die App ermöglicht Betroffenen eine kognitive Verhaltenstherapie auf AR-Basis direkt auf ihren mobilen Geräten. Ziel dieses Projekts ist es, eine skalierbare, leicht zugängliche und kostengünstige therapeutische Lösung für Menschen mit Zwangsstörungen (Obsessive-compulsive disorder, OCD) bereitzustellen. Sie können damit die Therapie zu Hause durchführen. Im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie, an der Personen mit Zwangsstörungen in mehreren Ländern teilnehmen, wird die klinische Wirksamkeit von ZeroOCD im Vergleich zu einer konventionellen, über Videokonferenz durchgeführten kognitiven Verhaltenstherapie bewertet. Eine Kosten-Nutzen-Analyse soll zudem zeigen, ob der Ansatz wirtschaftlich ist.
  • Emma Clarke-Deelder und Günther Fink vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) werden die Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme von vier Ländern (Lettland, Niederlande, Schottland, Schweiz) untersuchen und sich dazu auf die Wahrnehmung der Bevölkerung stützen. Die Forschungsgruppe wird dabei die in der Gesundheitsbefragung «People's Voice Survey» geäusserten Meinungen der Bevölkerung in ihre Evaluation einbeziehen. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Studie Gruppen mit hohem Bedarf wie Migrantinnen und Migranten, Jugendlichen sowie Gender- und sexuellen Minderheiten. Die Ergebnisse dieser Forschung sollen gesundheitspolitische Erkenntnisse liefern, Orientierung für Reformen geben und durch die Unterstützung von Advocacy-Projekten zur Stärkung der Gesundheitssysteme beitragen.

Transforming Health and Care Systems (THCS): Kurz zusammengefasst

Ziel der Partnerschaft: Umgestaltung der Gesundheits- und Pflegesysteme. Diese sollen nachhaltiger, widerstandsfähiger, innovativer, qualitativ besser, stärker auf den Menschen ausgerichtet und für alle zugänglich werden.

Forschungsbereiche der THCS-Initiative:

  • Gesundheitspolitische Forschung: Analysen von Gesundheitspolitik und -systemen mit dem Ziel einer besser zugänglichen und wirkungsvolleren Gesundheitsversorgung.
  • Entwicklung und Anwendung neuer medizinischer Technologien: Identifikation, Evaluation und Integration neuer Technologien für bessere Diagnosen und Behandlungen.
  • Sozial-, Wirtschafts- und Verhaltensforschung: Analyse von gesundheitsrelevanten Gesellschafts-, Wirtschafts- und Verhaltensfaktoren zur Ausrichtung der Gesundheitspolitik und -massnahmen.

Partner: An der Partnerschaft beteiligen sich 36 Partner aus 23 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und assoziierten Ländern, darunter der Schweizerische Nationalfonds.

Erwartete Ergebnisse: Eine Umgestaltung der Gesundheitssysteme dank koordinierter Forschung der Partnerländer, dank neuen Erkenntnissen, dank einer Digitalisierung der Gesundheitsversorgung sowie dank der gemeinsamen Entwicklung und Verbreitung innovativer Lösungen.

Finanzierung: Die THCS-Initiative wird im Rahmen des Forschungsprogramms «Horizon Europe» kofinanziert.