Proaktive Rebhühner haben den Schnabel vorn
Was entscheidet in fremder Umgebung über Leben und Tod? Neugierige Rebhühner hatten bei der Auswilderung bessere Chancen.
Im Zuge eines vom SNF unterstützten Wiederansiedlungsprojekts nahmen Forschende der Schweizerischen Vogelwarte Sempach die Persönlichkeiten von Rebhühnern genauer unter die Lupe. Dabei zeigte sich, dass ein neugieriger Charakter für das Überleben in freier Wildbahn von Vorteil war.
Insgesamt zog das Team fast 400 Rebhühner heran, um die vom Aussterben bedrohte Art wieder im südwestlichsten Zipfel der Schweiz, der sogenannten Genfer Champagne, anzusiedeln. Jeder Vogel durchlief eine Reihe von Persönlichkeitstest, die ermittelten, wie das Tier auf seine Umwelt reagiert. Ein Test mass beispielsweise, nach wieviel Zeit das Rebhuhn eine sichere Kiste verliess, um eine unvertraute Umgebung zu erkunden. «So wollten wir herausfinden, welche Eigenschaften die auszuwildernden Vögel haben müssen, damit sie möglichst gut in der Natur zurechtkommen», sagt Lukas Jenni, ehemaliger Wissenschaftlicher Leiter der Vogelwarte.
Geeignete Tiere heranzüchten
Nach der Auswilderung verfolgten die Forschenden neun Monate lang mit Hilfe von Radiosendern das Schicksal der einzelnen Rebhühner und stellten fest, dass die Persönlichkeit tatsächlich eine wichtige Rolle spielte: Nach etwa 200 Tagen – zu Beginn der Brutsaison – war das Überleben der proaktiven Vögel, die bereitwillig Neues erforschten, achtmal höher als das der eher passiv veranlagten Tiere. Aufgrund der insgesamt zu hohen Sterberate scheiterte die Wiederansiedlung jedoch letztendlich. Dies obwohl das von Landwirtschaft geprägte Gebiet beispielsweise durch das Anlegen von Brachen an die Bedürfnisse der Rebhühner, die vor allem Heideland mögen, angepasst worden war.
Trotzdem sind Erkenntnisse aus derartigen Studien wertvoll, sagt Jenni: «Sie können helfen, geeignete Tiere für eine Wiederansiedlung heranzuziehen». Denn wie aus früheren Arbeiten bekannt ist, hängt die Ausprägung der Persönlichkeit von Faktoren ab, die bei der Aufzucht gesteuert werden können – sowohl von den Genen als auch von äusseren Einflüssen wie Stress vor und nach der Geburt. Das Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch scheinbare Misserfolge die Wissenschaft voranbringen können.