Schatten kann Solaranlagen schaden
Schattenwurf reduziert nicht nur die Leistung von in Gebäude integrierten Photovoltaik-Modulen. Möglicherweise wird dadurch auch ihre Lebensdauer verkürzt.
«Die Schweiz braucht in den nächsten dreissig Jahren mindestens zwanzig Mal mehr Solarmodule, um die künftige Stromversorgung wie in der Energiestrategie 2050 vorgesehen sicherzustellen», sagt der Physiker Alessandro Virtuani von der EPFL. Der grösste Teil davon muss auf Gebäuden installiert werden, denn für freistehende Photovoltaik-Anlagen gibt es in der Schweiz und auch in anderen Ländern zu wenig Platz.
Deshalb werden Photovoltaik-Module immer häufiger in Bauelemente von Dächern oder Fassaden integriert. In einem vom SNF mitgeförderten Projekt hat ein Team um Virtuani jetzt erstmals untersucht, wie langlebig solche Systeme sind. Dabei stellte sich heraus, dass ungünstiger Schattenwurf ein Problem sein kann.
Das Forschungsteam der EPFL und der Fachhochschule Südschweiz (SUPSI) hat die Leistung von 55 kleinen, in der Schweiz installierten Systemen analysiert, die in das Dach integriert sind. Sie waren alle bereits zwischen fünf und zehn Jahren in Betrieb. In diesem Zeitraum konnten die Forschenden über alle Anlagen gemittelt keinen wesentlichen Leistungsabfall feststellen. Einzelne Anlagen schnitten aber trotzdem deutlich schlechter ab – eine genauere Auswertung zeigte, dass dies teilweise mit der Beschattung einzelner Module zusammenhing. Für diese Untersuchung setzte das Team einen eigens dafür entwickelten Algorithmus ein, der die Intensität der Beschattung unter Einbezug von Wetter- und Leistungsdaten automatisch quantifiziert.
Über 100 Grad Celsius heiss
«In Gebäude integrierte Solaranlagen können im Gegensatz zu freistehenden Anlagen nicht optimal ausgerichtet werden», so Virtuani. Deshalb liesse sich nicht verhindern, dass beispielsweise Kamine, Antennen oder benachbarte Bäume ständig oder immer wieder Schatten auf einzelne Module werfen. Dies reduziert nicht nur die Leistung der Solarzellen teilweise sehr stark, sondern kann auch dazu führen, dass sie schneller altern. Denn wenn bei in Reihen verschalteten Modulen einige in der Sonne und einige im Schatten liegen, so erhöht sich der elektrische Widerstand in den beschatteten Zellen – sie können sich dadurch lokal auf über hundert Grad Celsius erhitzen und beschädigt werden.
In freistehenden Anlagen wird der Strom deshalb bei Bedarf durch eine sogenannte Bypass-Diode automatisch um beschattete Zellen herumgeleitet. Bei in Gebäude integrierten Modulen, die ständig oder immer wieder im Schatten liegen, können diese Dioden jedoch auf lange Sicht Schaden nehmen, da sie nicht auf einen so häufigen Einsatz ausgelegt sind.
«Diese Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig die Entwicklung von innovativen Lösungen ist, durch die Belastung und Überhitzung bei Schattenwurf verringert werden», sagt Virtuani. Er will seine Untersuchungsmethode nun verfeinern und in den nächsten Jahren hunderte von Anlagen analysieren − um noch robustere Daten zu erhalten und längere Zeiträume abzudecken. Schliesslich sollte eine Solaranlage idealerweise 30 Jahre oder noch länger zuverlässig erneuerbare Energie produzieren.
A. Fairbrother et al.: Long-Term Performance and Shade Detection in Building Integrated Photovoltaic Systems. RRL Solar (2021)