NFS "Nord-Süd – Forschungspartnerschaften zur Linderung von Syndromen des Globalen Wandels" (2001-2013)
NFS-Leiter: Prof. Hans Hurni (2001-2013)
Heiminstitution: Universität Bern
Forschung des NFS und wichtigste Resultate
Der NFS Nord-Süd etablierte und konsolidierte einen umfassenden Forschungszugang, um im Kontext globaler ökonomischer, sozialer und ökologischer Veränderungsprozesse spezifisches Wissen zugunsten der nachhaltigen Entwicklung in verschiedenen Entwicklungsländern und in so genannten Übergangsstaaten zu erarbeiten. Mit diesem Ziel verband der NFS Forschende aus sechs schweizerischen Forschungsinstitutionen mit Kolleginnen und Kollegen aus rund 140 Partnerinstitutionen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Forschenden aus dem industrialisierten "Norden" und dem sich entwickelnden "Süden" war entscheidend für den Erfolg dieses Programms. In zahlreichen Forschungspartnerschaften untersuchten sie Probleme aus den Bereichen Armut, Konfliktregelung, Gesundheitsvorsorge, Siedlungshygiene und Abwasser, natürliche Ressourcen und Regierungsführung.
Folgende Beispiele illustrieren einige der wichtigsten Ergebnisse des NFS: Die Forschenden verfeinerten Theorien der "Multilokalität", indem sie zeigten, dass ein "Haushalt" vor dem Hintergrund von Mobilität und Migration nicht als ortsgebundene Einheit zu verstehen ist. Viel eher entspricht er einem eng verbundenen Netzwerk, in dem sich Menschen gegenseitig unterstützen (Rücküberweisungen) und Dienstleistungen austauschen, obwohl sie in mehreren Ländern leben und wohnen (z.B. Kirgistan, Indien, Pakistan und Nepal). Oder die Forschenden zeigten auf, dass spezifische Lösungsansätze für nachhaltiges Landmanagement tatsächlich Effekte des Klimawandels mildern können. Eine weitere Forschungsgruppe erprobte erfolgreich den Ansatz "Eine Gesundheit", bei dem Ärzte und Veterinärmediziner im Tschad mobile Mensch-Tier-Gesundheitskampagnen durchführten und so die Impfraten bei gefährlichen Krankheiten erheblich erhöhen konnten.
Finanzierung
Der SNF hat dem NFS rund 36 Millionen CHF über die 12 Jahre zugesprochen. Wie aus der Tabelle unten hervorgeht, waren dies rund 37 % der totalen Finanzsumme, die der NFS aufgewendet hat. Die restlichen Mittel stammen hauptsächlich aus Drittmitteln der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und Eigenmittel der beteiligten Forschungsgruppen.
Finanzierung 2001 – 2013
Finanzierung (CGF)
2001-2004
2005-2008
2009-2012
2001-2013
%
SNF-Beitrag
13'547'647
13'107'189
9'784'564
36'439'400
36,9
Eigenleistung der Universität Bern
1'647'526
1'986'095
2'397'731
6'031'352
6,1
Gelder der beteiligten Forschungsgruppen
3'280'211
5'505'349
5'817'570
14'603'130
14,8
Drittmittelfinanzierung
12'113'108
14'661'951
14'912'322
41'687'381
42,2
Total
30'588'492
35'260'584
32'912'187
98'761'263
100,0
Internationale Stellung der Schweizer Forschung
Das aus internationalen Fachleuten zusammengesetzte Evaluationskomitee bestätigte, dass die Schweiz mit dem NFS Nord-Süd ihre Position im Forschungsgebiet "Nachhaltigkeit und Globaler Wandel" stärken konnte. Die sechs beteiligten Schweizer Forschungsinstitutionen profilierten sich international mit ihren jeweiligen Schwerpunkten, insbesondere in den nachfolgend aufgeführten Bereichen:
- Migration: Development Study Group (DSGZ), Universität Zürich
- Konflikttransformation: Schweizerische Friedensstiftung (swisspeace), Bern
- Gesundheitsförderung: Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH), Basel
- Siedlungshygiene und Abwassermanagement: Eawag – Abteilung Siedlungshygiene und Wasser für Entwicklung (Eawag-Sandec), Dübendorf
- Natürliche Ressourcen und nachhaltige regionale Entwicklung: Interdisziplinäres Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE), Universität Bern
- Gouvernanz / Regierungsführung: The Graduate Institute Geneva (IHEID), Genf
Der NFS erwies sich in seiner thematischen und geographischen Breite im internationalen Kontext als einzigartiges Programm und hatte, was die Forschungsansätze, die Prozesse und die Vielfalt an Initiativen angeht, Modellcharakter auch für andere Länder.
Publikationen
Typ
Anzahl
Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften (mit Peer Review)
689
Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften (ohne Peer Review)
355
Artikel in Sammelbänden
559
Bücher
196
Berichte
987
Total
2786
Strukturelle Entwicklung - Ausblick auf das Forschungsfeld
Der NFS führte zu wichtigen strukturellen und personellen Erneuerungen an der Universität Bern, seiner Heiminstitution, wie auch an den beteiligten Schweizer Partnerinstitutionen. Aus dem NFS ging das 2009 gegründete "Centre for Development and Environment CDE" an der Universität Bern hervor. Das Zentrum ist interdisziplinär angelegt. Darüber hinaus eröffnete der NFS jungen Forschenden in der Schweiz und im Süden die Möglichkeit, eigene Projekte zu leiten, und hat so die Forschungskapazität im Bereich der "Nord-Süd-Forschung" klar ausgebaut. Um die Ausbildung hochqualifizierter Nachwuchsleute fortzusetzen, institutionalisierte der NFS seine "International Graduate School North-South" als gemeinsames Doktorandenprogramm der Universitäten Basel, Bern und Zürich. Mit diesem Ausbildungsprogramm führen somit mehrere Schweizer Hochschulen und Forschungsinstitutionen ihre im NFS aufgebaute Zusammenarbeit fort.
Im Süden trug der NFS mit dem Aufbau und der finanziellen Unterstützung regionaler Koordinationsbüros dazu bei, die Forschungsstrukturen in sieben Weltregionen (so genannte "Joint Areas of Case Studies") durch die Zusammenarbeit mit lokalen Universitäten, Forschungszentren und internationalen Organisationen auszubauen und zu stärken. Der NFS forschte in folgenden Regionen "Westafrika" (Burkina Faso, Kamerun, Tschad, Elfenbeinküste, Ghana, Mali, Mauretanien, Togo), "Ostafrika" (Kenia, Tansania), "Horn von Afrika" (Äthiopien, Sudan), "Zentralasien" (Kirgistan, Tadschikistan), "Südasien" (Nepal, Indien, Pakistan), "Südostasien" (Thailand, Laos, China, Vietnam), "Karibik und Zentralamerika" (Costa Rica, Honduras, Mexiko, Kuba) wie schliesslich "Südamerika" (Bolivien, Peru, Argentinien).
Strukturmassnahmen
Anzahl geschaffene Professuren
4 neue ordentliche / assoziierte Professuren6 neue Assistenzprofessuren1 Nachfolge (d.h. Nachfolge auf am NFS beteiligte Lehrstuhlinhaber/in)
Junior Group Leaders (beteiligte Nachwuchsforschende)
7 Nachwuchs-Gruppenleitende
Infrastrukturen / Plattformen
Acht "Regionale Koordinationsbüros" mit jeweiligen regionalen Wissensplattformen (mit Datenbanken, Dienstleistungen etc.)Weitere web-basierten Wissensplattformen, verbunden mit regionalen Beobachtungsstellen
NFS-Netzwerk
Universität Bern, Universität Zürich, eawag aquatic research, Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut (Swiss TPH), Schweizerische Friedensstiftung (swisspeace), Graduate Institute Genf (IHEID), EPF Lausanne. Das weitreichende Netzwerk des NFS im Süden ist hier ersichtlich.
Transfer von Wissen und Technologien in Wirtschaft und Gesellschaft
Der NFS konzentrierte sich ausschliesslich auf Forschungsfragen, die sich im Süden aufgrund drängender Probleme und Fragen zum Umgang mit Prozessen des globalen Wandels stellten. Im Wissenstransfer entwickelte der NFS neue Instrumente, vor allem die "Forschungspartnerschaften zur Linderung von Syndromen des globalen Wandels" so genannte PAMS, wie auch "Policy briefs" zur Umsetzung und Verbreitung von Forschungsresultaten.
Die Forschungspartnerschaften waren zeitlich und finanziell klar begrenzt und fokussiert auf die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und weiteren Beteiligten aus dem Süden. Ziel der Partnerschaften war, zunächst ein geteiltes Problemverständnis und dann gemeinsam getragene Lösungsansätze zu finden sowie Inputs für neue Forschung einzuholen. Insgesamt wurden in den Forschungsgebieten des Südens rund einhundert PAMS lanciert und durchgeführt.
Mit seiner Serie von "Policy Briefs" veröffentlichte der NFS zentrale Forschungsresultate kurz zusammengefasst und in leicht verständlicher Sprache. Die Serie umfasste zwei Ausgaben, einerseits die internationale Ausgabe für ein an globalen Entwicklungsfragen interessiertes Fachpublikum in der Schweiz und auf internationaler Ebene, andererseits die regionalen "Policy Briefs" für lokale Ansprechgruppen, vor allem Entwicklungsorganisationen und Ministerien in Afrika, Asien und Lateinamerika. Insgesamt publizierte der NFS sechsundsechzig "Policy briefs".
Der NFS evaluierte seine Umsetzung periodisch. So wurde das Programm PAMS nach den ersten vier Jahren evaluiert und ein spezielles Monitoring, genannt MORE "Monitoring Research Effectiveness", sollte den Forschenden helfen, ihre Resultate besser in konkrete Massnahmen umzusetzen.
Wissens- und Technologietransfer
Typ
Anzahl
Eingereichte Patente
1
Lizenzen
-
Start-up-Firmen
1
Prototypen, Demonstratoren
3
Prozesse, Produkte
103
KTI-Projekte
-
Zehn Prozent der Doktoranden und Postdoktoranden fanden nach ihrem Abschluss Stellen im privaten- oder öffentlichen Sektor. Diese jungen Forschenden sind eine wichtige Quelle für den direkten Wissenstransfer in den privaten und öffentlichen Sektor.
Nachwuchsförderung und Förderung der Frauen in der Wissenschaft
Über 550 Doktorandinnen und Doktoranden sowie Nachwuchsforschende und weitere Teilnehmende profitierten zwischen 2002 und 2012 von den zahlreichen Ausbildungsangeboten des NFS Nord-Süd. Neben disziplinär ausgerichteten Kursen der institutionellen Partner und kleineren, lokalen Trainings durch die Forschungsgruppen, bot der NFS zwei umfassende und integrative Ausbildungsformate an: sieben kontinentale "Regionale Trainingskurse (RTC)" und acht "Interkontinentale Integrative Trainingskurse (ITC)". Die aus dem NFS hervorgegangene Doktorandenschule "International Graduate School North-South" profitiert weiterhin von diesen institutionellen Netzwerken.
Eine vom NFS in Auftrag gegebene Studie über die Karriereverläufe der Abgängerinnen und Abgänger seiner Ausbildungsprogramme zeigte bemerkenswerte Aufstiegsmöglichkeiten für die Nachwuchsforschenden im Süden. Nahezu sechzig Prozent von ihnen stiegen nach dem Doktorat in Positionen im mittleren oder höheren Management auf. Die grosse Mehrheit unter ihnen arbeitete weiterhin in den Universitäten oder Forschungsinstitutionen des jeweiligen Landes. Somit führten die Forschungspartnerschaften mit dem Süden auch nicht zur Abwanderung gut ausgebildeter Wissenschaftler vom Süden in den Norden.
Für die Förderung von Frauen in der Wissenschaft definierte der NFS sowohl forschungs- wie auch karrierebezogene Ziele. Schon zu Beginn definierte das Programm ein Verhältnis zwischen Frauen und Männern von 40 zu 60 Prozent als Zielwert. Drei Jahren nach seinem Start gab der NFS eine Studie in Auftrag, um den Status der Gleichstellung der Geschlechter im Programm festzustellen. Die Resultate zeigten, dass die Karrieren der Forscherinnen im NFS das gleiche Schicksal ereilen wie in andern Bereichen der Wissenschaft: nach dem Doktorat wurden Frauen deutlich weniger häufig für auf höhere wissenschaftliche Positionen befördert als ihre Kollegen. Ab der zweiten Förderungsperiode integrierte der NFS systematisch gender-spezifische Sensibilisierung in allen Bereichen des Programms und schaffte mit der Leitungsfunktion für so genannte Transversale Projekte neue Karrieremöglichkeiten, für die sich mehrere Nachwuchsforscherinnen erfolgreich qualifizierten.